Haushaltsrede 2024 der MWG-Fraktion
Sehr geehrte Frau Rählmann,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,
sehr geehrte Mitarbeiter der Verwaltung,
Die Vorlage des Haushaltes 2024 erfolgt in diesem Jahr um einiges später als der Gemeinderat es gewohnt ist. Dafür aber mit einem Zahlenwerk, das sehr nachdenklich stimmt, auch wenn die Finanzlage der Gemeinde nach Einschätzung der Bürgermeisterin und des Kämmerers laut einem IVZ-Pressebericht vom 30.12.2023 zufolge von Ihnen nicht als alarmierend gesehen wird. Ein Defizit von 4,6 Mio. Euro für das Haushaltsjahr 2024 ist eine in Mettingen bisher nie da gewesene Größe. Die Gemeinde Mettingen geht nach diesen katastrophalen Zahlen zwar noch nicht in die Haushaltsicherung, doch ist nach unserer Einschätzung die Lage durchaus ernst, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen und der angespannten wirtschaftlichen Lage. Vermutlich werden diese finanziell und gesellschaftlich schwierigen Zeiten auch noch über das Haushaltsjahr 2024 hinaus anhalten, was mittelfristig zu weiter sinkenden Steuereinnahmen führen wird.
Beim einem Haushaltsdefizit von 4,6 Mio. Euro muss uns allen, die wir Verantwortung tragen und Entscheidungen zu treffen haben, klar sein, dass es keine politischen Spielräume gibt; nicht für dieses Jahr und vermutlich auch nicht für die nächsten Jahre. Und das gilt auch, wenn ein anstehendes Wahljahr zu Versprechungen verleiten könnte. Daher hat die MWG Fraktion auch keine kostentragende Anträge zum Haushalt gestellt. Politik und Verwaltung müssen u.E. auch darüber nachdenken, ob alle geplanten und teilweise beschlossenen Ausgaben und Investitionen, aufgrund der veränderten finanziellen Lage der Gemeinde und der gesamtwirtschaftlichen Situation unseres Landes kurzfristig noch umsetzbar sind, oder zeitlich gestreckt werden müssen.
Deutschlands Wirtschaftsweise prognostizieren für 2024 beim BIP (Bruttoinlandsprodukt) ein Minus 0,3 %, nach einem Minus von 0,4 % im letzten Jahr. Als einziges Industrieland in Europa steckt Deutschland damit tief in einer Rezession. Das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschlands leidet zunehmend.
Und ganz aktuell blickt gestern der Grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit großer Sorge auf die Wirtschaftslage in Deutschland und kündigte an, dass die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für 2024 deutlich auf ein Wachstum von nur noch 0,2 % (vorher 1,3 %) senken werde. Aussage Habeck: „Das ist dramatisch schlecht – so können wir nicht weitermachen“.
Welchen Wert hat vor diesem Hintergrund das Haushaltszahlenwerk für dieses und für die nächsten Haushaltsjahre, nicht nur bezüglich der Steuereinnahmen, sondern auch was den Kapitalverzehr der Ausgleichsrücklage und die steigende Verschuldung der Gemeinde betrifft.
Wir leben in herausfordernden Zeiten, eine Krise folgt der anderen: politischer Unfrieden in Deutschland, zunehmende Spannungen und Kriege in vielen Teilen der Welt, große Integrations-und Fluchtbewegungen, Klimawandel, Energie- und Verkehrswende, gestiegene Lebenshaltungskosten, Zinserhöhungen und hohe Energie- und Baukosten, Inflation, Rohstoff- und Fachkräftemangel u.v.a.m.,
und ganz aktuell viele Proteste und Streiks. Von diesen ganzen Krisen sind die Menschen zunehmend erschöpft und ganze Gesellschaftsgruppen verunsichert.
Aber Lösungen für all diese Themen brauchen wir. Und da erfahren dann populistische Gruppen in Deutschland viel Zulauf, die den Menschen glauben machen wollen mit ihren extremistischen Ideen den richtigen Weg zu kennen. Die Vergangenheit hat uns etwas anderes gelehrt.
Haushalt 2024 zwischen Sorge, Verantwortung und Zuversicht
Hatten doch die Bürgermeisterin und der Kämmerer in ihrem Pressekommentar zum Haushalt 2024 noch von einer nicht alarmierenden Haushaltslage gesprochen. So findet man in den Berichten zum Haushaltsplanentwurf 2024 aber durchaus deutliche Warnhinweise auf die zu erwartenden Folgen, sollte der Fehlbedarf von 4.640 Mio. Euro keine „Eintagsfliege“ bleiben: „Sollten jedoch auch in Zukunft ähnliche Fehlbedarfe entstehen, dann gehen alle Zeichen auf Alarm und es entsteht dringender Handlungsbedarf.“, so die Aussage. Wir sehen diesen Handlungsbedarf bereits jetzt. Ein rechtzeitiges Gegensteuern kann vielleicht noch einiges positiv beeinflussen.
Die aktuelle Wirtschaftslage lässt leider für dieses Jahr keine uneingeschränkt positive Entwicklung erwarten, sowohl was die Gewerbesteuer betrifft, wie auch die Einkommenssteuer. Beide Steuern sind Ertrags- oder Einkommensabhängig, was solide Wirtschaftsdaten voraussetzt. Damit sind die im Haushaltsplan eingepreisten positiven Steigerungsraten bei der Einkommenssteuer und die erneut angesetzte Summe von 3 Mio. Euro bei der Gewerbesteuer sehr „erwartungsfreundlich“. Bereits im Haushaltsjahr 2023 wurde die in gleicher Höhe angesetzte Gewerbesteuer um mehr als 500 TEUR unterschritten.
Mettingen hat in den letzten Jahren viele größere Investitionen vorgenommen. Auch für 2024 lassen sich die geplanten Investitionen von mehr als 7 Mio. Euro nur durch Kreditaufnahmen von 4,6 Mio. Euro darstellen, die dazu auch noch deutlich höher verzinst werden müssen. Der Schuldenstand steigt dabei laut Haushaltsplanentwurf von Ende 2021 mit 12,3 Mio. EUR auf Ende 2024 auf 20,3 Mio. EUR. Im gleichen Zeitraum fiel die Ausgleichsrücklage von 13,8 Mio. EUR auf 6,0 Mio. EUR. Das sind negative Veränderungen von jeweils mehr als 50%. Das ist keine gesunde Entwicklung.
Ja, es ist zutreffend, dass die Investitionen der vergangenen Jahre zu einer Vermögensmehrung der Gemeinde geführt haben. Vermögensmehrung ist ja zunächst etwas Positives, wären da nicht die Folgekosten für den laufenden Betrieb und die Betriebsunterhaltung und mit zunehmender Verschuldung und gestiegenen Zinsen auch der Zinsaufwand.
Investitionen in das Leben aller Altersgruppen in Mettingen, in den gesellschaftlichen Zusammenhalt, in Bildung, in Umweltschutz und Energiesicherheit sollten dabei ganz oben stehen. Was ist wirklich wichtig für Mettingen und was ist wünschenswert, aber nicht sofort umsetzbar? Doch damit uns das alles gelingt, benötigen wir unbedingt solide Finanzen. Nach den Vorschlägen zur Sanierung der Bäder und des Klärwerkes kommen horrende Investitionen auf uns zu. Weitere größere Investitionen im Bereich Erschließung von Gewerbeflächen am Nordschacht und an der Brookstraße, sowie in den Neubaugebieten, sind nur einige der größeren Beträge. Erhebliche Sanierungskosten für Gebäude und technische Anschaffungen stehen ebenfalls an.
Dazu kommen noch unbekannte Risiken aus einer möglicherweise Anhebung der Kosten für den Schulträgeranteil bei den KvG-Schulen. Auch ist es für die MWG völlig unverständlich, warum die Gemeinde mit dem Bau der Mehrfamilienhäuser im Baugebiet Niestadtweg zusammen mit den Standwerken Tecklenburger Land kaum überschaubare Risiken eingeht. Für die Errichtung von teilweise geförderten Wohnungen hätten sich sicher Privatinvestoren gefunden. Dazu hätte die Gemeinde mit dem Verkaufserlös aus den Grundstücken auch noch einen Liquiditätszufluss gehabt, den sie gut hätte gebrauchen können.
Unter der Rubrik „Zuschüsse für übrige Bereiche“ werden u.a. auch die Zuschüsse für die Jugendarbeit, für den Jugendkulturschuppen, für die Schulsozialarbeit und für die Medienwerkstatt ausgewiesen. Mettingen tut viel für seine jungen Mitbürger in den Kindergärten, Schulen und in der Freizeitgestaltung. Trotzdem hört man immer wieder von den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen eine gewisse Unzufriedenheit. Aktive junge Menschen wollen mitgestalten und mitwirken. Uns ist durchaus bekannt, dass es dazu schon viele Angebote gegeben hat. Wir sollten aber trotzdem dran bleiben. Wir sollten weiterhin junge Menschen einladen mitzuwirken und ihre Meinung kundzutun, denn sie sind die Zukunft. Spontan käme dazu eine Einladung zum Gespräch über die Gestaltung der Stadtmöbel infrage. Auch eine Einladung zum „Politiker grillen“ wäre eine Möglichkeit mit den jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Auch die Themen Klima- und Umweltschutz sind den jungen Menschen sehr wichtig. Die MWG hatte dazu 2019 bereits einen Antrag zur Einbindung junger Menschen in die Kommunalpolitik eingebracht, der aber nie wirklich zur Entscheidung gebracht wurde.
Mit der vor zwei Jahren eröffneten Pumptrack-Anlage wurde besonders für Kinder und Jugendliche eine Attraktion geschaffen. Jetzt soll mit dem Ninja-Park eine weitere Attraktion dazu kommen, die aber auch aktive Erwachsene ansprechen soll. Sicher für Mettingen ein Alleinstellungsmerkmal und damit etwas Besonderes. Aber wie fast alles Schöne kostet es. Werden auch die Anschaffungskosten zum größten Teil aus Leadermitteln bezahlt, so bleiben aber ein nicht unerheblicher Finanzierungsrestbetrag und die Folge- und Unterhaltungskosten bei der Gemeinde. Schon sehr frühzeitig, noch bevor die Ratsfraktionen die Chance hatten das Thema zu diskutieren, wurde die frohe Botschaft bereits von dir, liebe Christina in der Presse öffentlich gemacht und damit war die Erwartung geweckt. Das ist kein guter Stil und kein gutes Vorbild für die Verschwiegenheitsverpflichtung der Ratsmitglieder.
Nachdem dann die Haushaltsplanung mit einem bisher nie da gewesenen Minusergebnis bekannt wurde, haben viele Bürgerinnen und Bürger an verschiedene politische Vertreter im Rat appelliert, „moot dat wien“. Das Argument, das ein Großteil der Mittel aus dem Leader-Programm des Landes kommt, ist nur teilweise stimmig. Auch Leadermittel fallen nicht vom Himmel und müssen finanziert werden.
Auch die MWG würde sich eine solche sportliche Attraktion für Mettingen wünschen. Die Bürgermeisterin hat nun zugesagt, dass in der nächsten Sozialausschusssitzung das Thema auf die Tagesordnung kommt. Um den Finanzierungsanteil der Gemeinde so gering wie möglich zu halten, wäre es schön, wenn weitere Sponsoren- oder Spendenmittel dafür eingeworben werden könnten.
Der Klimawandel ist neben den anfangs schon genannten Krisen eine große Herausforderung, die ganz sicher eine Daueraufgabe bleiben wird. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass wir in Deutschland die Welt nicht allein retten können. Daher gilt es politische Entscheidungen mit Augenmaß zu treffen und unsere Bürgerinnen und Bürger, sowie unsere heimische Wirtschaft und Landwirtschaft nicht unnötig zu belasten und verantwortungsvolle Klimapolitik vor Ort machen.
Fazit:
Die MWG hätte sich gewünscht, dass vor Verabschiedung des Haushaltes 2024 mit allen Ratsfraktionen gemeinsam machbares Einsparpotential erarbeitet worden wäre. Wir denken dabei ganz sicher nicht daran, so wie 2012 schon einmal passiert, den Rotstift bei Kleinstbeträgen oder bei den Vereinen und
ehrenamtliche tätigen Organisationen anzusetzen. Im Vordergrund würden dabei für uns sinnvolle, nach Dringlichkeit gestaffelte zeitliche Verschiebungen von freiwilligen Aufgaben und Investitionen stehen, auch um die weitere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland besser einschätzen zu können. Das setzt aber sowohl bei der Verwaltung, wie bei allen Ratsfraktionen die Einsicht und einen wirklichen Sparwillen voraus.
Mit unseren heutigen Ausführungen haben wir versucht, realistisch die Haushaltsentwicklung für 2024 und für die Folgejahre einzuschätzen. Wir sind sicher, dass wir mit Zusammenhalt, Mut und Zuversicht einen Weg finden, um die vor uns liegenden Herausforderungen zu meistern. Schwarzmalen hilft da nicht weiter. Unsere Bürgerinnen und Bürger machen sich Sorgen um die Zukunft, um Energiesicherheit, um Integration, um Klima- und Umweltweltschutz, um den Zusammenhalt der Gesellschaft und um Frieden und Stabilität. Wir haben eine große Aufgabe zu bewältigen. Wir sind überzeugt, dass uns auch diese Krisen nicht mutlos machen werden und wir alle mit Zuversicht und Optimismus unsere Arbeit und Verantwortung angehen werden.
Es ist eine nicht ganz einfache Entscheidung, vor dem Hintergrund der vorliegenden Haushaltszahlen und der mittelfristigen Wirtschaftsprognosen eine Zustimmung zum Haushalt 2024 zu geben. Nach eingehender Diskussion und Abwägung des „Für und Wider“ haben wir in der Fraktion entschieden, uns der Verantwortung zu stellen und dem Haushalt zuzustimmen. Für uns wäre es aber wünschenswert in einer Arbeitsgruppe regelmäßig die Entwicklung zu begleiten und danach die Prioritäten für die steuerbaren Ausgaben festzulegen.
Liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
an Euch alle ein herzliches Dankeschön für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im letzten Jahr.
Ein herzliches Dankeschön geht auch an alle, die sich in Mettingen ehrenamtlich engagieren. Viele Aktivitäten in den unterschiedlichsten Bereichen können nur durch den Einsatz ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden.
Die Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs war in diesem Jahr aufgrund der angespannten Haushaltslage eine besondere Herausforderung. Dafür möchte ich Dir Christina und Ihnen Herr Böhmann und allen die daran mitgearbeitet haben auch im Namen von Rainer Hindersmann und der gesamten MWG-Fraktion „Danke“ sagen.
Herzlichen Dank